unsere Pfarrkirche
Nachdem die alte Pfarrkirche von Obergösgen für die Gemeinde zu klein wurde, entschied man sich für deren Abbruch und einen Neubau an gleicher Stelle. Der alte Kirchturm blieb stehen und wurde in den Neubau integriert. Nach langen Vorbereitungsarbeiten begann am 20. September 1954 der Abbruch der alten Kirche. Die Bauarbeiten am Neubau wurden sofort nach dem Betonieren der Fundamente und der Grundsteinlegung am 20. November 1954 mit vollem Einsatz durchgezogen. Bereits am 8. Mai 1955, gut fünf Monate nach der Grundsteinlegung, stand der vorgesehene Gottesdienstraum in der Unterkirche, noch recht nach Neubau riechend, für den ersten Gottesdienst bereit. Bis zur Vollendung sämtlicher Bauarbeiten dauerte es dann allerdings noch etwas über zehn Monate. Während dieser Zeit fanden alle Gottesdienste und Andachten in der Unterkirche statt.
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Die Konstruktion
Der gesamte Kirchengrundriss des Neubaus wurde grosszügig unterkellert. Heute ist man über die damalige Weitsicht froh, den ganzen Unterbau nutzen zu können. Die Umfassungswände wurden massiv betoniert. Die Stützen mit den Hauptlasten der eigentlichen Kirche inkl. Dachkonstruktion mussten im Untergeschoss weitergeführt werden, um über die Fundamente vom tragfähigen Untergrund aufgenommen zu werden. Diese Stützen übernehmen auch die Lasten der Untergeschossdecke resp. des Kirchenbodens. Ueber den Stützen sah die Konstruktion massive Eisenbeton-Querträger vor, welche mit der armierten Betondecke als Plattenträger wirken. Der Chorboden ist als massive, kreuzweise armierte Decke über dem jetzigen Vereinssaal betoniert. Diese Decke hat zusätzliche Lasten, wie den gegen 8 Tonnen schweren Altar zu tragen. Der Anexbau der Sakristei und deren Vorraum sind ebenfalls unterkellert und mit einer Betondecke gedeckt. Im Vorraumbereich führt eine Betontreppe vom Erdgeschoss ins Untergeschoss. Die Pfeiler im Untergeschoss sind im Erdgeschoss der eigentlichen Kirche als betonierte, profilierte Pfeiler noch ca 2.80 m nach oben weitergeführt. Darüber steht das Hauptmauerwerk des Kirchenschiffes. Das Kirchenschiff misst innen ca zwanzig auf dreizehn Meter. Der Chorraum misst ungefähr 11.30 m quer und 7.70 m Tiefe. Der Chorboden liegt ca.50 cm höher als der Schiffboden. Das Dach, das in seiner Form von den beratenden Architekten im Sinne der Denkmalpflege steiler angelegt wurde und beidseitig mit einem Schleppdach geknickt ist, hat im Schiff vier und im Chor einen nach alter Zimmermannskunst ausgeführten Dreiecksdachbinder mit je einer Zugstange in der Mitte für die Aufnahme der Deckenlasten. Das Dach im Chorbereich ist etwas tiefer gesetzt. Als spezielles Bauwerk darf die Empore bezeichnet werden. Sie ist auskragend konstruiert, hat also im Innenraum keine Stützen. Die Auskragung misst ungefähr 5 m. Die Empore ist nur leicht in die Seitenfassaden einbetoniert. Die Hauptlasten mussten über die Westwand nach aussen aufgenommen werden, und dazu musste das Vordach herhalten. Die vier Vordachstützen sind keine Tragstützen, sondern Zugpfeiler. Für die Aufnahme der Emporenlasten musste über das Vordach und die Zugpfeiler ein massives Fundament unter die Pfeiler gehängt werden, das zur Sicherheit etwas schwerer konstruiert wurde.

Der Kirchenraum
Dank des Altertümerschutzes sind die äussern Dimensionen der neuen Pfarrkirche zusammen mit dem Turm proportional eine augenfällig schöne Komposition. Innen haben der Kirchenbauarchitekt Ernst von Arx mit den Künstlern Paul Stöckli und Albert Schilling ein Bjou geschaffen, das allerdings wegen der liturgischen Entwicklung nicht minder wertvolle Veränderungen durch Paul Wyss erfahren hat.
Die Raummasse des Kirchenschiffes entsprechen ungefähr dem Goldenen Schnitt. Allein diese Masse bewirken ein wohltuendes, erhabenes Empfinden für das Auge und auch für das Ohr; denn diese Kirche schwingt in einer sehr angenehm klingenden Akustik. Von allen Seiten fällt das Licht in das Kirchenschiff. In einem solch klaren Raum wird der Altar zum sammelnden Mittelpunkt. Albert Schilling hat dessen Form zum Raum sehr gut gelöst. Wohl deshalb hat er diese eindrückliche Form geschaffen. Der Altar stand im hintern Teil des Chores auf einem um drei Stufen erhöhten Podest. Er besteht aus einem massiven, kristallinen Kalksteinblock aus den Pyrenäen. Um die kubische Wirkung hervorzuheben, schliff ihn der Künstler ringsum. Er bearbeitete nur Eckpartien. Den Boden musste er etwas aushöhlen um das Gewicht von 7 auf ca 5 Tonnen zu reduzieren. Auf der Vorderseite zu den Gläubigen hin hat Herr Schilling zwei Seraphine eingraviert, um auf die Gegenwart der himmlischen Geister hinzudeuten in der Formgebung vorklassischer Bildhauer. Der Altar wurde beim Kirchenbau noch nach der vorkonziliaren Liturgie soweit hinten platziert, weil der Priester die Messe mit dem Rücken gegen das Volk lesen musste. Dem damaligen Modetrend entsprechend gehörte über jeden freistehenden Altar ein Baldachin. Dieser bestand aus einem Mosaik von roten Glaskörpern. Um eine eindrückliche Wirkung hervorzuzaubern, wurde er von oben beleuchtet. Der Chor wurde von einem ebenfalls von Stöckli entworfenen Kommunionbank abgeschlossen.
Paul Stöckli zeigte im Herbst 1955 in der Kunsthalle Basel einige Entwürfe der neuen Fenster für die Kirche in Obergösgen bereits auf Karton. Ein Kunstkritiker schrieb dazu, es seien abstrakte Kirchenfenster, die ganz hervorragend sind. Manessier und Vieira da Silva hätten anregend und ermunternt gewirkt, Stöckli habe diese Anregungen und Vorbilder zu durchaus eigenen Kompositionen verarbeitet und mit grosser Sicherheit das über einem Grisaille-Grund schwebende Gitter farbiger Flächen komponiert. Das sei ausserordentlich schön. Damit sei eine vielversprechende Entwicklung eingeleitet!
Die gelbgolden leuchtende Rosette in der westlichen Gibelwand über der Orgel verkörpert die Schönheit und Erhabenheit der Sonne mit ihrem gelben Glas. Besonders am Nachmittag und Abend, wo die echte Sonne ihr Licht durch das Fenster strahlt, bekommen die Herzen der Betrachter im Raum die Stimmung, die sie von Gottes Gegenwart erwünschen. Schliesslich schuf Paul Stöckli im ehemaligen Eingangsraum anstelle des früheren Portals ein in blau bis grün gehaltenes, grosses Bogenfenster, das den Raum zu ruhigen, nachdenklichen Meditationsraum umwandelte und seine schweigende Wirkung verinnerlichen lässt. Beim Kirchen-Neubau wurde dieser Turmraum zur Taufkapelle mit dem Taufstein in der Mitte, anstelle einer geplanten neuen Taufkapelle.
Der Ambo auf der Evangelienseite dient einerseits zum Auflegen des Buches und Verlesen des Evangeliums und bleibt anderseits der Standort des Priesters für die Predigt und verschiedene Messgebete. Das Kirchenschiff entspricht einem dreischiffigen Raum, wobei die beiden Aussenschiffe eher als Pseudoschiffe bezeichnet werden können; denn sie sind nur ca 1.15 m Innenmass breit. Sie dienen den Kirchenbesuchern als äussere Zugänge zu den Bänken. Auf der Epistelseite sind resp. waren zwei Beichthäuschen, nach aussen ausgebuchtet, gebaut. Zwischen den Stationsfenstern sind die Stationskerzen angebracht. Vorne auf der Evangelienseite stand ab 1974 der Tabernakel auf einem Marmorsockel und auf der Epistelseite analog dem Tabernakel ebenfalls auf einem Marmorsockel die Einsidler Madonna von Babel mit den Sonnenstrahlen.
Renovationen und Umgestaltungen
Im Jahr 1973 wurde eine erste grössere Restaurierung der Kirche in Angriff genommen. So wurde das Äussere der Kirche neu gestrichen und am Turm wurden die fehlenden Wasserschläge, welche beim Kirchenneubau aus Geldmangel weggelassen wurden, neu angebracht. Diese sind für die Turmcharakteristik von entscheidender Bedeutung.
Im Kircheninnern wurde der Chor unter fachkundiger Beratung durch Bildhauer und Glasmaler Paul Stöcklider der neuen Liturgie angepasst. Der nachkonziliaren Liturgie entsprechend, wurde der Altar im Chor nach vorne versetzt. Der Altar wird damit zum wesentlichen Mittelpunkt des Chores und zur Vervollkommnung der Beziehung von Priester und Gläubigen. Das Altarpodest riss man ab und damit gewann der Chorraum auch an würdiger Grösse. Der Baldachin verlor seine Bedeutung und wurde entfernt. Für die Chor-Rückwand liess Paul Stöckli in einem Luzerner Kunstgewerbeatelier einen fast wandhohen, schmalen Wandbehang sticken. Der Tabernakel wurde auf einen Mauersockel im linken Kirchenschiff gesetzt und analog im rechten Kirchenschiff thronte die Einsiedler Madonnenkopie ebenfalls auf einem Marmorsockel. Die Kommunionbank wurde entfernt. Eine neue Scheinwerferbeleuchtung spendet helleres Licht und bringt die ruhige Harmonie des Chores besser zur Geltung.

Eine weitere wesentliche Restaurierung des Chores beschloss die Kirchgemeinde im Jahr 1994. Sowohl der Kirchenrat, als auch der damilige Pfarrer, Richard Hug, waren der Meinung, in der schönen Kirche von Obergösgen habe man der Entwicklung, die vom II. Vatikanischen Konzil ausging, noch nicht genügend Rechnung getragen. Sie beauftragten den bekannten Kunstmaler, Bildhauer und Kirchenmusiker Paul Wyss von Olten und Kappel, eine würdige Umgestaltung des Chores zu planen. Nachdem die Kirchgemeindeversammlung dem Vorschlag von Paul Wyss folgen konnte, beschloss sie auch die Finanzierung und den definitiven Auftrag an den Künstler zu vergeben.
Das Konzept sah vor, den Taufstein von der damaligen Taufkapelle in den Chorraum zu verlegen. Die Taufe soll wieder ihren ursprünglichen, christlichen Sinn sichtbar erhalten, nämlich die Anahme des Neugeborenen in die christliche Gemeinschaft. In der Taufkapelle konnte nicht die ganze Gemeinschaft dabei sein, weil sie zu klein war. Mit der neuen Lösung kann die vom Konzil gewünschte Taufliturgie sehr gut erfüllt werden. Auch die Osterkerze kann grosszügig und positiv für die Liturgie plaziert werden. Im rechten Schiff vorne befindet sich ein Schrank mit dem Taufbesteck. Entsprechend der liturgischen Entwicklung, auch im Hinblick auf die immer mehr stattfindenden Wortgottesdienst, konnte der Ambo (Lesepult) angemessen hervorgehoben werden. Mit dem künstlerisch sehr schönen Altarkreuz von Albert Schilling hat Paul Wyss hinten einen Kreuzbezirk geschaffen mit dem Gedanken an Golgatha. Vier Evangelienkerzen umfassen das Kreuz. Der Siegesschweif um den Korpus bedeutet den Sieg über den Tod. Dieser Sieg brachte den Menschen das Licht. Es ist dargestellt mit dem gelben, dreigeteilten Lichtkreis hinten auf der Wand. Der Tabernakel sei kein liturgisches Gerät, führte zu widersprüchlichen Diskussionen. Seine Bestimmung, die Gegenwart Christi vor Augen zu halten, gibt ihm aber wieder mehr Bedeutung; denn Christus sagte doch, wo drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen. Deshalb wurde der Tabernakel wieder in den Chorraum zurückgestellt. Das ewige Licht über dem Tabernakel symbolisiert auch diese verborgene Gegenwart Christi. Vom Tabernakel ausgehend zeigt auch das Bild an der Rückwand das Einswerden mit Christus zum ewigen, göttlichen Licht und der Vollendung in Gott. Die violette Farbe, als Farbe der Mystik und des Verborgenen führt hinauf zum göttlichen Licht (gelb). Die Trinitat, die letzte Konsequenz der christlichen Glaubenslehre, bedeutet das grosse Geheimnis der göttlichen Dreifaltigkeit. Die Kreisform, als Symbol derVollendung, mit dem dreieckförmigen Mittelpunkt, dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist. Mit dieser Restaurierung fand die königliche Madonna ihren schönen Platz, vorne im linken Schiff, mit dem Kerzenständer für viele mehr oder weniger bedrückendeAnliegen. Sie ladet zur inneren Zwiesprache mit ihr.
Zusammengestellt aus der Jubiläumsschrift 50 Jahre neue Pfarrkirche
von Josef W. Kyburz
Unsere Kirchenglocken - Aufnahme vom 18. Januar 2020